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Buch Mit Franziskus nach Assisi pilgern 

 

Laudato sia, mio Signore, per frate foco, 

per lo quale tu allumini la notte, 

ed bello e giocondo e robustoso e forte. 

Deutsch: 

Gelobt seist du, mein Herr, für Bruder Feuer, 

durch den du die Nacht erhellst, 

für die du die Nacht erleuchtest 

und schön und verspielt und robust und stark. 

Aus dem Sonnengesang von Franziskus von Assisi (1225) 

​

  1. Einstimmung 

Sonntagspaziergänge – wer mochte sie als Kind? Ich sicher nicht. Die Landschaft hinter unserem Haus sah so aus. Eine langweilige, endlose Ebene, wie ich damals empfand. Heute sehe ich sie ganz anders. Viel Natur, man kann in der Ebene bleiben oder aber die Höhen erklimmen und runterschauen. In der Nähe befindet sich die Kartause Ittingen, eine wunderschöne, ehemalige Klosteranlage, die heute modern genutzt wird.  

Es war schon angelegt, was mich heute begeistert. Allerdings dauerte es noch ein paar Jahre. Bis ich im Gehen und Wandern entdeckte, wie wertvoll es sein kann, bekannte oder unbekannte kulturelle Kostbarkeiten zu entdecken. Und dabei auch innerlich einen Weg zu gehen.  

Der Sinn des Gehens wird immer wieder bedacht. Sören Kierkegaard rät jemandem Folgendes: 

«Verlieren sie vor allem nicht die Lust dazu zu gehen: ich laufe mir jeden Tag das tägliche Wohlbefinden an und entlaufe so jeder Krankheit; ich habe mir meine besten Gedanken angelaufen und ich kenne keinen Gedanken, der so schwer wäre, dass man ihn nicht beim Gehen los würde.»  

Das ist ein passender Zu-gang zum Gehen. Körper und Seele werden bewegt, der äussere Weg führt zum inneren und umgekehrt. Wer die eigenen vier Wände verlässt und geht, bekommt neue Impulse, Gedanken und Erfahrungen, die das eigene Sein und Arbeiten weiterbringen. Und gerade, wenn kreative Arbeit am Arbeitsplatz stockt, gilt: «Wenn nichts mehr geht, dann geh!».  

Das ist auch Ausgangspunkt des Pilgerns. Es ist mehr als spazieren oder Wandern, obwohl natürlich damit verwandt. Pilgern hat mit Unruhe, mit Sehnsucht, mit dem Wunsch nach dem anderen und Fremden zu tun. Pilgernde wollen nicht nur konsumieren, Sitzen oder beim Bekannten bleiben. Und das nicht nur äusserlich.  

Pilgern wird heute meist mit dem Gehen auf dem Jakobsweg gleichgesetzt. Aus der Geschichte des Pilgerns gibt es jedoch nicht nur Santiago de Compostela als Pilgerziel, sondern auch Rom und Jerusalem. Heute wird Pilgern noch breiter definiert. Jeder Weg kann zum Pilgerweg werden. Wie genau erläutere ich im Folgenden.  

Das zweite grosse Thema in diesem Buch ist Franziskus von Assisi. Er war viel zu Fuss unterwegs und hat seine Spuren in der ganzen Umgebung von Assisi hinterlassen. Die Orte scheinen sich damit zu messen, wer die schönste Franziskus-Geschichte erzählen kann, die sich genau hier zugetragen haben soll. Es gibt so etwas wie ein «Franziskusland», das von ihm geprägt wurde. Grob geht es um die heutigen Regionen Umbrien, Toskana (Süden) und Latium (Norden).  

Den Franziskusweg durch diese Regionen gibt es eigentlich nicht. Je nach Buch oder Wegbeschreibung beginnt der Weg hier oder dort und endet auch entsprechend unterschiedlich.  

Doch bis heute sind die Spuren des «poverello» zu erwandern und erspüren. Es geht dabei auch um meinen Weg, mein Werden und was werden könnte. Fulbert Steffensky hat es wunderbar formuliert:   

„An ihnen können sich alle …. schärfen in ihren Wünschen, in ihren Träumen, im Bewusstsein davon, was sein soll und was heraufgeführt werden soll. …. Indem wir Verbündete wie Franz finden, werden unsere Wünsche schärfer, wird die Kritik an uns selbst energischer, die Hoffnung auf die Realisierung unserer Wünsche grösser.“ 

Franziskus ist ein hervorragendes Beispiel, wie die Auseinandersetzung mit einem Menschen aus vergangenen Zeiten Impulse für heute vermitteln kann. Wenn die Kirchen heute oft ratlos wirken, wie sie sich dieser Gesellschaft stellen sollen, dann gilt das kaum für Franziskus von Assisi. In seinem Leben erkennen sich viele, ob sie sich Christen nennen oder nicht. Seine damaligen Themen sind bis heute relevant. Achtsamkeit, im Besonderen im Umgang mit der Natur, die Suche nach Lebendigkeit und dem eigenen Weg im Leben, die Entdeckung von Freiheit in der Einfachheit, der Dialog mit unterschiedlichen (auch religiösen) Auffassungen, der Umgang mit der eigenen Herkunftsfamilie und mit Autoritäten. Das alles sind «franziskanische Themen», die meines Erachtens hochaktuell und sprachfähig mit der heutigen Zeit sind. Franziskus steht für mich für eine historische Quelle, zu der ich immer wieder hochlaufen kann. Er be-geistert mich und erst recht, wenn ich ihm pilgernd immer wieder begegne.  

Und hier eine weitere Vorbemerkung: meine Sicht auf das Pilgern und auf die Gestalt des Franziskus ist eine protestantische. Sogar eine methodistische. Mit diesem Hintergrund habe ich Franziskus auch kennengelernt. Und ich schätze seine universelle und interreligiöse Dialogfähigkeit. Ich schätze diese Weite und Breite, die ich auch im Methodismus schätze.  

Durch meine eigene Geschichte ist dies auch nachvollziehbar. Meine Vorfahren sind italienischer und katholischer Herkunft, meine evangelische Grossmutter sorgte dafür, dass die Familie nach dem Krieg evangelisch wurde. Von daher liegt mir der Brückenschlag zwischen Konfessionen und Kulturen schon im Blut. Und im Bezug auf die heutigen Kirchen ist er notwendiger denn je.  

Wenn jemand Interesse und Lust bekommt, diese Region pilgernd zu erkunden, dann ist für mich die Idee dieses Buches erreicht. Oder neu/wieder vom Pilgern oder Franziskus inspiriert wird. Es kann der Beginn eines kostbaren persönlichen Weges sein. 

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